Premio Tuning Katalog 2021

020 | PREMIO.MAG DASHCAM

020 | PREMIO.MAG DASHCAM IM AUTO: ERLAUBT ODER NICHT ? Wer kennt sie nicht, die Videos, die reihenweise im Internet zu finden sind und die Fahrkünste und Unfälle von Auto- und Zweiradfahrern zeigen? Da ist die Verlockung für viele groß, sich auch eine solche Dashcam ins Auto zu holen … Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 15. Mai 2018 entschieden, dass die permanente, anlassunbezogene Aufzeichnung einer Dashcam vor Gericht als Beweismittel verwertbar sein kann (Az. VIZR 233/17). Davon unberührt bleibt der Verstoß gegen das Datenschutzgesetz und es muss immer eine Interessenund Güterabwägung vorgenommen werden. Also Dashcam ins Auto und munter drauflosfilmen? Vorsicht! Der Einsatz einer Dashcam kann gegen Bestimmungen des Datenschutzes verstoßen, wenn Verkehrsteilnehmer unwissentlich gefilmt werden und sie keine Einwilligung zur Erhebung ihrer Daten gegeben haben. Amtliche Kennzeichen stellen solche personenbezogenen Daten dar. Ohne vorherige Zustimmung ist deren Veröffentlichung, beispielsweise im Internet oder vor Gericht, ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der BGH hat offengelassen, was denn nun legal zulässig ist, und es leider versäumt, Rechtssicherheit zu schaffen. Aktuell sieht es so aus, dass das Anbringen einer Dashcam grundsätzlich erlaubt ist. Ein anlassunbezogenes und permanentes Filmen sowie Speichern des öffentlichen Straßenverkehrs ist aber nach wie vor verboten. Aufzeichnungen mit Dashcams sind dann erlaubt, wenn es einen konkreten Anlass dazu gibt, etwa bei einer Urlaubsreise, auf der ein Streckenabschnitt dokumentiert wird und die Aufnahme den privaten Bereich nicht verlässt oder auch bei einem Unfall. Genau hier setzen Kameramodelle an, deren Verwendung auch aus datenschutzrechtlicher Sicht unbedenklich sein sollte. „Ein datenschutzkonformer Einsatz von Dashcams ist möglich, wenn eine automatische periodische Löschung der Aufnahmen nach kurzer Zeit realisiert wird. Wesentlich ist dabei, dass aufgezeichnete Daten stets unmittelbar überschrieben werden und eine Speicherung mit einem konkreten Aufzeichnungsanlass verbunden ist“, erklärt Thomas Wittmann, Bereichsleiter beim Bayerischen Landesamt für Datenschutz. „Nach einer Videolänge von circa 60 Sekunden sind Aufzeichnungen automatisch zu löschen.“

PREMIO.MAG | 021 Erkennt ein Beschleunigungs- oder Erschütterungssensor eine Kollision oder eine extreme Verzögerung des Fahrzeugs, sei es zulässig, den letzten Aufzeichnungsabschnitt anlassbezogen zu sichern, so der Experte weiter. Um den Unfallhergang ausreichend zu dokumentieren, sei die Speicherung über 30 Sekunden sowohl vor als auch nach einem erkannten Anlass ausreichend. In einer Gefahren- oder Unfallsituation könne die Löschung auch manuell unterbunden werden. Die weitere Speicherung sei dann wiederum manuell oder automatisiert nach 30 Sekunden zu beenden. Thomas Wittmann: „Die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen immer dann, wenn im ruhenden Verkehr der öffentliche Raum aus einem Fahrzeug heraus überwacht wird. Der Betrieb einer Dashcam ist daher ausschließlich im fließenden Verkehr möglich!“ Also freie Fahrt mit der Dashcam? Jein! Es besteht immer der Verdacht, dass die Dashcam nicht datenschutzkonform eingesetzt wurde. Bei einer Kontrolle kann die Speicherkarte sichergestellt und dem Landesamt für Datenschutzaufsicht zum Auswerten zugesandt werden kann. Hast Du die Kamera wie oben beschrieben eingesetzt, wirst Du informiert und der Fall ist erledigt. Hast Du Aufnahmen erstellt, die mit dem Datenschutz nicht vereinbar sind, wirst Du gegebenenfalls einen Bußgeldbescheid im Briefkasten finden. Du musst Dir beim Einsatz einer Dashcam also bewusst sein, dass deren Feststellung immer Fragen aufwerfen und Maßnahmen nach sich ziehen kann. Bei Fahrten ins Ausland solltest Du Dich vorab über die einschlägigen Vorschriften informieren. So ist der Einsatz in Österreich beispielsweise gar nicht gestattet. Neben der Einziehung der Dashcam droht ein empfindliches Bußgeld. Dashcam vs. Actioncam Egal welches technische Gerät zur Aufzeichnung verwendet wird – die Datenschutzgrundverordnung ist technikneutral formuliert. „Sollte diese anwendbar sein, etwa weil die Haushaltsausfnahme nicht vorliegt, dann sind die Anforderungen an eine Verarbeitung der personenbezogenen Daten einzuhalten“, meint Thomas Wittmann. Bedenken solltest Du auch, dass die Polizei solche Aufnahmen zum Beispiel nach einem Unfall auswerten darf. Wer sich also bei einem illegalen Rennen oder dem Flug über die Landstraße mit 250 km/h filmt, liefert unter Umständen gleich sein eigenes Beweismaterial dazu ab. Also: Augen auf beim Dashcamkauf und immer an den Datenschutz denken. NACH EINER VIDEOLÄNGE VON CIRCA 60 SEKUNDEN SIND AUFZEICHNUNGEN AUTOMATISCH ZU LÖSCHEN. – Thomas Wittmann